Leslie ganz entspannt: was will uns die Figur von New John Nissen mit der Seriennummer PW03 sagen?

Sie stehen oder standen oft hinter Glas in übergrossen Vitrinen, am Rande von dröhnendem Verkehrslärm, in welchem man auch unter lebenden Menschen hatte laut reden oder gar schreien müssen, um sich zu verständigen: dabei spreche ich von Mannequins, die wortlos Mode präsentieren und trotzdem die Aufgabe hatten eine Botschaft zu vermitteln, ein Gefühl zu transportieren, mit dem Ziel bei Kunden Aufmerksamkeit zu erregen. Die Körpersprache ist dabei ein wesentliches Merkmal der Kommunikation – und Leslie von der Firma New John Nissen, aus der Serie „Beauties“ mit der Nummer PW 03 ist ein schönes Beispiel dafür.

Plattencover von „It’s a beautiful day“ von 1969

In einem Brockenhaus (Antik-Laden) kaufte ich eine Schallplatte aus dem Jahre 1969, alleine des Cover-Bildes wegen, weil die schöne, junge Frau in ihrer Geste mit verschränkten Händen hinter dem Kopf eine bestimmte Anziehungskraft auf mich ausübte. Sie steht auf einem Felsen, trägt einen Sommer-Sonnenhut und eine leichte Brise lässt ihr Kleid im Wind wehen. Unbeschwertheit, ist das erste Wort, welches ich mit diesem idyllischen Bild in Verbindung bringe; was sich natürlich auch im Titel „It’s a beautiful day“ widerspiegelt. Sind wir nicht auch schon in dieser Pose auf einer Strandliege gelegen, völlig entspannt, mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt und haben selbstgefällig dabei gedacht: „Hier bin ich restlos glücklich, im ewigen Jetzt angekommen, wo ich nie mehr freiwillig weggehen würde…“? Die Wissenschaft sagt, dass diese Pose etwas mit Offenheit zu tun habe, ein Signal sich in der Gegenwart eines anderen Menschen sicher und unbedroht zu fühlen. Man zeige den Körper ungeschützt, die Arme nicht in Abwehrstellung und dennoch deutlich eine Überlegenheit in Bezug auf die Situation. D.h. mit dieser Geste wird unter anderem auch eine gewisse Dominanz präsentiert – man macht sich breit, auch etwas unnahbar.

Eines Tages entdeckte ich das Inserat von dieser Schaufensterpuppe (Bild) und wusste natürlich gleich, dass ich sie haben musste. Ich fuhr nach Bern und sah sie staubig und etwas unansehnlich in einem dreckigen Bretterverschlag, neben alten kaputten Möbeln und einem Leiterwagen stehen. „Du musst ein neues Zuhause haben, dringend!“ dachte ich, zerlegte sie und nahm sie mit nach Hause.

Eine New John Nissen „Beauties“ PW03 in einem Kellergewölbe, kurz nachdem ich sie gekauft hatte.

In ihrem neuen Heim angekommen, erhielt sie natürlich, wie fast jede meiner Puppen zunächst eine Dusche. Doch es wusch im Gesicht gleich die oberste Farbschicht weg und darunter erschien eine weisse Schicht mit Ölfarbe, die irgend welche Vorbesitzer aufgetragen hatten.

Beim waschen der Schaufensterpuppe, verlor sie die oberste Farbschicht aus (wasserlöslichem) Acryl und darunter kam eine weisse Schicht mit Ölfarbe zum Vorschein.

Mit viel Aufwand schliff ich diese Farbe weg, damit die Oberfläche wieder glatt war und das Mannequin restauriert werden konnte.

Dann machte ich mich auf die Suche nach einer passenden linken Hand, die ja am Ende dennoch nicht optisch, oder fototechnisch ins Gewicht fällt, da ich ohnehin davon ausging – wie im originalen Katalogfoto -, dass die beiden Hände bei der fertig restaurierten und gestylten Figur von der Perücke verdeckt werden würden.  

Mir schwebte aufgrund dieses Bildes eine sinnliche Göttin vor, ein venusartiges Wesen, die eben nicht breitbeinig dasteht, weshalb ich nicht die Originalbeine genommen habe (die ich an Lager gehabt hätte), sondern die Beine, welche ich mit der Puppe kaufte, die eine für mich treffendere Botschaft implizierte. Es sind PW16-Beine aus der selben Serie. 

Es vergingen Wochen und ich tüftelte an einem Make-Up herum, das in diese Richtung (Foto) gehen musste. Verträumte Geste, pure Sinnlichkeit, auch ein wenig Selbstverliebtheit….

Und gestern habe ich die Schöne fertig restauriert abgeholt und mit einer rötlichen Perücke ausgestattet, wie einst Botticelli bei seinem Bild „Die Geburt der Venus“….